Samstag, 20. August 2016

Impressionen des Anfangs...

02.08.2016 

Hier sitzen wir nun alle, zwei spielen Gitarre, einer singt, einige essen, andere sitzen am Feuer, wieder andere sind einfach nur dabei. Eine Runde von Praktikanten und Mitarbeitern, die eigentlich in ihrer so bestehenden Zusammenstellung nur temporär existiert. Besonders nun im Sommer ist die Gruppe vom Wandel begriffen, einige gehen, andere kommen, altbekannte wie komplett neue Menschen verschiedener Herkunft gestalten den Hof und die Arbeit.

Durch diese variierende und bunte Gruppe ergeben sich besonders zu den Essenszeiten interessante Gespräche in den verschiedensten Sprachen, von vorrangig englisch über norwegisch, deutsch und schwedisch bis momentan ungarisch und dänisch. Leichte Überforderung an meinem ersten Morgen beim gemeinsamen Frühstück war nicht zu verbergen, da soll man mal überall gleichzeitig zuhören. Doch schneller als erwartet stellte sich Normalität ein, die Gedanken wechseln zum Englischen oder einer Mischung aus allem, die am Ende jedoch allen ein gemeinsames Gespräch erstaunlich gut ermöglicht. Alles hat sein System, seinen gewohnten Gang, es erfordert nur verständlicherweise etwas Zeit, diese zu durchdringen und zu durchschauen.

 
Erste Aufgabe: Kiloweise Himbeeren pflücken.
Welche Tätigkeit ist besser geeignet, um seine Gedanken fliegen zu lassen, als diese?!

So also nicht unpassend: Sweet Dreams - Soundtrack meiner Arbeit


03.08.2016 15:43 Uhr


Tamás war daran interessiert, einige Sachen auf russisch zu lernen, klar warum nicht. Einem Ungarn auf englisch zu erklären, was man auf russisch sagen würde, während man doch noch leicht dazu neigt, sich die Sätze vorher auf deutsch zurechtzulegen. Was für eine Situation...

Neue Sprache, nicht nur norwegisch. So auch die Musik, die mich an diesem Tag unserer gemeinsamen Arbeit begleitete: Für einen Eindruck nur mal anklicken :D


Arbeitsplatz zum Gemüseputzen und Packen...

 

Die Ankunft...

Nun bin ich bereits beinahe 3 Wochen da und habe noch nicht über meine Ankunft berichtet. Alles scheint zu fliegen, neue Abläufe werden zur Routine, unbekannte Menschen zu Freunden, veränderte Umgebung zu vertrautem Umfeld und nicht zuletzt wird eine neue Art der Verständigung zu einem ständigen Begleiter.
Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen. 


Nach spannender und spannungsgeladener Busreise landete ich schließlich im Busbahnhof von Oslo, wieder mit durchweg unhandlichem und untransportablem Gepäck beladen. Zudem konnte mir keiner meiner Mitreisenden sagen, wo es nun zu den Zügen ging. Die Gleise waren bereits sichtbar, ich wollte lediglich wissen, ob ich ihnen nach rechts oder links folgen sollte, ratsam um keinen unnötigen Umweg zu riskieren, mit dem Gepäck. Zahlreiche Menschen waren unterwegs, doch merkwürdigerweise schien keiner die Richtung zum nahegelegenen Hauptbahnhof von Oslo zu kennen, erst recht nicht das japanische Touristenpärchen, das mir über den Weg lief.

Am Ende landete ich dann doch im Banhof und im richtigen Zug, nachdem ich mich natürlich fünftausend mal gefragt hatte, ob es denn auch ja der auf der Fahrkarte abgedruckte sei.


Ich wurde von beeindruckender Landschaft und starkem Regenguss empfangen, sowie von einem klapprigen Kastenwagen, dem Hofauto von Alm Østre.

Ich kam überwältigt an, ohne etwas meiner Umgebung tatsächlich realisieren zu können. Bereits nach zehn Minuten wurde ich von einigen Praktikanten schon zum Kubb-Spielen (typisches norwegisches Outdoor-Spiel, auch unter Wikingerschach bekannt) aufgefordert, das Lieblingsspiel der derzeitigen Praktikantengruppe. Doch zu viel nach 23 Stunden Fahrt, erst einmal einige Eindrücke verarbeiten und zu neuer Kraft finden...
Nur kurz - wegen des Wolkenbruchs - wurde ich herumgeführt und dann in mein neues Zimmer entlassen, direkt über der gemeinsamen Küche gelegen und sehr geräusch- und geruchsdurchlässig von unten herauf, aber auch von meinem Nachbarzimmer aus, wie ich in den folgenden Tagen feststellen durfte.

Mein Zimmer für ein ganzes Jahr, wie eine Welle brach es über mir zusammen, die Zeit des Vergangenen und des Folgenden, der Zukunft...


Das Zimmer, bereits nach kurzer Zeit etwas unaufgeräumt.
Fehlt noch etwas Persönliches, die Einrichtung betreffend...

Freitag, 5. August 2016

Einmal hin, ohne zurück, vorerst...

30.Juli 2016, 08:07 Uhr

Ok, nun beginne ich noch einmal von vorn, mein erster Versuch hatte kurz zuvor beschlossen, nicht zu bleiben.

Nach einem nicht unbedingt stressarmen Beginn, einer überstürzten, eiligen Fahrt zum Bahnhof stellte sich sehr bald heraus, welche wichtige Rolle die Hinfahrt zur Einsatzstelle bereits einnimmt. Der Erfahrungsreichtum, der bereits durch diese Reise einen kleinen Prozentsatz meines Freiwilligendienstes bereichert hat, ist enorm.

Während sich ein Flug sicher zeit- und aufwandtechnisch besser zur Anreise eignen würde, stand mir eine 20-stündige Busreise bevor, zum einen mit dem Vorteil der beinahe uneingeschränkten Gepäckmitnahme, zum anderen und wesentlich größeren jedoch die verschiedenen Menschen, die an dieser Stelle aufeinander treffen. Um internationale Kontakte zu knüpfen ist es nicht zwingend notwendig, das Land zu verlassen, es erfordert lediglich eine Fahrt mit einem internationalen Busunternehmen, wie beispielsweise EuroLines.

Meine erste Bekannstschaft war eine Couch-Surferin aus Montenegro. Sie war mit einer Gruppe verschiedenster Leute (Indonesien, China, Montenegro, Polen...) auf Europa-Städtereise, Krakau, Prag und nun Berlin. Das Gespräch erforderte nun erstmals in diesem Jahr meine bisher im Praktischen praktisch ungenutzten Englischkenntnisse. Und ich wurde positiv überrascht: ein Reichtum an Gesprächsthemen, Offenheit und ein natürlicher Umgang mit den Worten, trotz beidseitigen Fehlern bildeten die Grundlage für eine interessante Unterhaltung. Ich erfuhr viel über ihr Land und ihre Begeisterung fürs Couch-Surfing und die Geschichten, die mit dieser sehr persönlichen Art zu reisen verbunden sind, das das Eintauchen in die neue Kultur auch mit kurzem Aufenthalt ermöglicht.

Meine zweite Reisegesellschaft war ein Biochemie-Student aus Berlin, der für ein Auslandspraktikum nach Kopenhagen reiste und noch nicht wusste, unter welchen Umständen er die nächste Nacht verbringen würde. Er gab mir freundlicherweise etwas von seinen mobilen Daten, so dass ich trotz des im Bus natürlich wieder nicht funktionierenden WLAN das Internet nutzen konnte und so eine Möglichkeit hatte, die ungemütliche und schlaflose Nacht im Bus interessanter zu gestalten.

Um 4 Uhr am Morgen folgte die Fahrt mit der Fähre. Es war gerade so weit, dass selbst ich so müde war und hätte möglicherweise einschlafen können, hätten nicht alle Passagiere die Fahrzeuge verlassen müssen. So standen wir in der lauen Nachtluft auf Deck und konnten beobachten, wie der Himmel sich bereits lichtete. Müdes und doch gespanntes Schweigen beherrschte die Stimmung der Reisenden, umgeben von den mächtigen Türmen der Fähre und der Weite des Wassers.

7:25 Uhr fuhr der nächste Bus weiter von Kopenhagen, oder København, wie es dort überall zu lesen war. Ich kam jedoch schon mehr als 1,5 Stunden davor an. Ich verbrachte die Zeit auf meinen viel zu großen und unhandlichen Gepäckstücken und beobachtete, wie sich langsam die Haltestelle lehrte, wieder füllte und lehrte, wenn ein weiterer Fernbus das Terminal erreichte oder verließ. Einer fuhr nach Prag über Dresden, die selbe Strecke zurück, die ich gekommen war und ich ertappte mich bei dem Gedanken, was wohl wäre, wenn ich dort einfach wieder einsteigen würde.

Unter großem Chaos, mit vielen Menschen, Familien wie Geschäftsreisenden, Studenten und ganzen Klassen wurden Busse be- und entladen, verschiedenste Sprachen, von arabisch über französisch bis deutsch und natürlich dänisch, schwedisch und norwegisch strömten aufeinander und übereinander.
Und schon wieder neue Menschen, neue Bekanntschaften...

10:42 Uhr
Der erste Eindruck nun erst einmal von der schwedischen Landschaft. Ewige Weiten, Felder und Felsen, die verborgen von Birken und Kiefern hervorschauen, Seen, tiefblau und von Schilf umgeben.
Auf den Wiesen stehen oft einige Pferde oder große rote Schilder, die mit großem gelbem M zu McDonald's einladen. Und jedes zweite Auto mindestens ist ein Volvo, mal sehen, ob sich das Bild hinter der norwegischen Grenze noch einmal wandelt.
Laut der im Bus angebrachten Anzeige herrschen 19 ℃, doch sicher draußen, drinnen ist nach meinem Gefühl auf ein wesentlich Kälteres klimatisiert, ich bin dankbar für die eingepackte Wolljacke, schon jetzt.
Der Bus wird nun größtenteils von einer dänischen Mädchenklasse auf Ferientrip bevölkert, zum Schutz vor den tausenden durcheinander sprechenden Menschen trage ich Kopfhörer und höre Django Reinhardt und doch dringt die Sprache an mein Ohr, die mir so vertraut und fremd zugleich scheint...

Donnerstag, 4. August 2016

Einmal Vorbereitung und zurück...


Ode an die Zeit
 
Zeit ist alles,
Zeit ist nichts.
Im Schwinden des Tages,
Im Aufgeh'n des Lichts.

Will man sie bannen,
So geht sie und rennt.
Im ewigen Laufe
Kein Halten sie kennt.

Hat man ihrer zu viel,
So will sie nicht enden.
Sie kann Nerven rauben,
oder Kraft spenden.
 

Im Schwinden des Tages,
Im Aufgeh'n des Lichts,
Zeit ist alles,
Zeit ist nichts.

(Als Strafarbeit fürs verspätete Erscheinen wurde das Gedichteschreiben eingeführt, welches am folgenden Abend der Gruppe vorgestellt werden musste. Ich war jedoch nach meinem Zuspätkommen am Abend vergessen worden und hatte so eine Reserve fürs erneute Wegbleiben...)

Fester Bestandteil eines Freiwilligendienstes  sind Seminare, die pädagogische Unterstützung und fachliche Betreuung bieten, jedoch auch auf emotionaler und sozialer Ebene auf das bevorstehende Jahr vorbereiten oder das Vergangene nachwirken lassen.

Zu meinem Vorbereitungsseminar trafen vom 12.-21. Juli fast 60 Menschen aufeinander, die sich alle in ebenjenem Zustand zwischen Altem und Neuem, meist zwischen Schulabschluss und Abreise befanden, zusammengefasst in einer Gruppe der hauptsächlichen Ausreisegebiete Indiens und Skandinaviens. 

Nach der Fahrt von Dresden nach Freudenstadt bei Karlsruhe, deren acht Stunden erstaunlich schnell vergangen waren, folgte nun der erste Kulturschock, dem in der nächsten Zeit noch viele zu folgen schienen. Mengen an Menschen, Freiwillige wie Teamer trafen zum ersten Mal aufeinander, es galt sich Namen zu merken, Zimmer zu beziehen und mit der neuen Situation umzugehen. Im Nachhinein erstaunt mich doch, wie schnell sich jene Umgebung normalisierte und der Umgang und tägliche Ablauf vertraut wurde.
 

Der Tag begann um 7:30 Uhr mit Morgenworkshop-Angeboten aus der Gruppe oder von Seiten der Teamer, wie beispielsweise Yoga, Improvisationstheater oder Joggen, darauf Frühstück und ein erstes gemeinsames  Zusammentreffen zum erneuten Wachwerden und Besprechen des Tages. Es folgte anschließend die erste Einheit zur Behandlung eines Themenbereiches, die nächsten nach der Mittagspause und dem Abendessen. Der Tag endete mit der sogenannten Sternstunde, bestehend aus einer letzten gemeinsamen Begegnung aller zum Ausblick und Rückblick auf die gemeinsame Zeit und einem abschließenden Insbewusstseinrufen eigene Gedanken und Gefühle in dem Moment und über den Tag, gemeinsam und doch jeder für sich allein, im Schein der Kerzen.

Um über Themen sprechen zu können gab es eine Einteilung in vier „liebevolle Kleingruppen“ mit je 15 Personen, jedoch auch länder- und einsatzstellenspezifische Besprechungen, beispielsweise für all jene, die in Camphill-Einrichtungen oder in der Landwirtschaft tätig sein würden. Auch wurden verschiedene Themen behandelt, persönliche wie allgemeine, rechtliche und Bildungsschwerpunkte. Wir bearbeiteten Bereiche des sozialen Miteinanders, wie beispielsweise unsere eigenen Grenzen zu erkennen und klar auszudrücken, besprachen unsere Ängste und Erwartungen gegenüber dem Ungewissen, lernten Aspekte der Anthroposophie kennen und tauschten uns sehr viel auf persönlicher Ebene miteinander aus. Die gesamte Zeit gestaltete sich unerwartet intensiv, unbeschreiblich, interessant und sehr nah, mit Menschen, die man so höchstens 10 Tage kannte.

Die Sonnenblumen-Reisegruppe (meine liebevolle Kleingruppe)

So hatten auch alle Geschichten, alle Teilnehmenden mein Interesse. Konsequent versuchte ich mich zu den gemeinsamen Mahlzeiten stets an andere Tische zu setzen, mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen, neue Eindrücke aufzunehmen. Auf diese Weise entstanden immer neue Gruppenzusammensetzungen, neue Gesprächsthemen und Austausch, selbst unter 60 Menschen. Diese Form der Begegnung hinterließ einen tiefen Eindruck, das gegenseitige Interesse, Achtung und Respekt , mit dem jeder jedem zu begegnen schien, so etwas hatte ich vorher noch nicht mit dieser Selbstverständlichkeit erlebt. Demnach fiel auch der Abschied schwer, Tränenmengen nach lediglich zehn kurzen Tagen.

Als besonders intensiv bleibt mir eine Kleingruppenaufgabe in Erinnerung, die die zehn Tage abrundete. Wir befanden uns auf der Abschlusswanderung und legten immer wieder Pausen ein, um jedem aus der Gruppe ein persönliches Feedback mit auf den Weg zu geben. Jeder spiegelte wider, wie er den Anderen wahrgenommen hatte, teilte den ersten Eindruck, aber auch den einprägsamsten, gemeinsame Situationen, Gefühle und Erinnerungen mit dem Gegenüber und der Gruppe, jeder hörte zu und sprach respekt- und liebevoll. Da dieser Aspekt der gegenseitigen Wahrnehmung und Mitteilung in unserer Gesellschaft wenig gelebt wird und Eindrücke über mich genannt wurden, die ich nie für möglich gehalten hätte, berührte mich dieser abschließende Teil der Gruppenarbeit sehr. 

Das Letzte, was sich jeder selbst mit auf den Weg gab war ein Brief, den man an sich selbst verfasste und in einem Jahr zur Rückkehr erneut zu lesen bekommen würde. Er fing eine Stimmung, einen wunderbaren Moment ein, den nachzuempfinden wir in einem Jahr dadurch in der Lage sein werden.


Nun bleibt mir nur noch, danke zu sagen, für die wundervolle und intensive Zeit, danke an alle Teilnehmer, Teamer und Mitgestalter!
Ich befinde mich bereits jetzt in freudiger Erwartung auf das Rückkehrseminar.


k

Montag, 1. August 2016

Die Fragen des Anfangs...


Nun, zu Beginn die Fragen, die doch früher oder später immer gestellt werden: Warum Norwegen? Warum Landwirtschaft?

Ich meinerseits würde sagen, dass, was das Land betrifft größtenteils Zufall im Spiel war. Ich hatte mich zu Beginn des Jahres 2016 bei mehreren Einsatzstellen beworben. Meine Interessen diesbezüglich schienen tageweise zu wechseln und es stellte sich schnell heraus, dass es mehr die Einsatzstelle an sich als das Land war, das für meine Auswahl ausschlaggebend schien. Ich hatte verschiedene Stellen letztendlich in der engeren Auswahl: Ukraine, Georgien, Indien, Argentinien und Norwegen – sehr variierende Richtungen, drei verschiede Kontinente.


Dass die finale Auswahl nun auf Norwegen fiel, ist unweigerlich der schnellen Rückmeldung der Einsatzstelle zu verdanken, jedoch auch dem Aspekt der Landwirtschaft. Diese hatte ich mir bereits am Anfang als Ziel gesetzt, wieder verworfen zugunsten einzelner Länder und schlussendlich doch wieder aufgegriffen.
Nicht zuletzt ist die Entscheidung hin zur Landwirtschaft von der Anzahl meiner Geschwister und dem damit verbundenen stark ausgeprägten sozialen Aspekt in meinem bisherigen Leben beeinflusst worden. Ebenfalls durfte ich bereits in der 9. Klasse eine dreiwöchige landwirtschaftliche Erfahrung in Form eines Landwirtschaftspraktikums machen, die einen starken Eindruck hinterließ.
Das Arbeiten in und mit der Natur ist nicht nur in der Lage, mich zu fordern, sondern auch zu fördern, meinen Gedanken Raum und mir meine Freiheit zu lassen.


Möglicherweise werde ich wenn dieses Jahr vorüber ist feststellen, dass mein zukünftiges Gebiet ein anderes sein wird, dass mein Interesse etwas anderem gilt, doch auch in diesem Fall hätte mir die Zeit ebenjene Erkenntnis geschenkt…